Die Zeit unter der Lupe 857/1966 28.06.1966

01. Filmfestspiele Berlin
Publikum bei Preisverleihung. Goldenes Filmband, groß. Klatschende Zuschauer, halbnah. Überreichung des Filmpreises an Sabine Sinjen als beste Hauptdarstellerin in dem Film "Es". Völker Schlöndorff und Ulrich Schamoni erhalten "Goldenes Filmband" für Regie "Der junge Törless" und "Es".

02. Klaus Hebecker interviewt Volker Schlöndorff in seiner Wohnung
Schwenk über Klingelknöpfe mit Namenszug Schlöndorff. Schlöndorff sitzt an Schreibmaschine vor Fenster. Seine Hände tippen auf der Schreibmaschine, groß. Schwenk über Bücherregale und Bilder in seiner Wohnung. Das Buch von Musil: Der Junge Törless. Völker Schlöndorff, groß, bei Interview, O-Ton: "Mich hat das nicht überrascht, wenn ich mal so sagen kann, denn ich habe diesen Film für's Publikum gemacht von Anfang an. Ich war davon überzeugt, das kommt an." - "Wie sind Sie auf den doch selbst bei uns ziemlich unbekannten Törless-Roman von Musil gekommen?" - "Mir hat der Törless ganz besonders gefallen, weil ich selbst Internatsschüler gewesen bin. Zum zweiten hat dieser Roman natürlich eine gewisse Aktualität. Sie wissen, es handelt sich um ein Terror-Regime, das im Rahmen einer Schule errichtet wird, so wie es sich natürlich auch im Rahmen unserer Erwachsenengesellschaft errichten könnte." - "Arbeiten Sie bereits an einem neuen Film?" - "Ja, ich bin dabei, ein Drehbuch zu schreiben nach einem Mordfall, den ich in der Zeitung gelesen habe, und zwar hat da ein 20-jähriges Mädchen, eine Angestellte, ihren 18-jährigen Freund im Laufe eines Streites erschossen und ich will sehen, wie hat er dazu kommen können." - "Haben Sie ein genau festgelegtes Drehbuch oder improvisieren Sie bei der Regie?" - "Ich lege schon Wert auf ein sehr genaues Drehbuch. Man kann's ja nachher verwerfen oder anders drehen aber die Improvisation muss kommen am Drehort. Ich drehe nicht gern im Atelier. Ich möchte an außen drehen, in echten Wohnungen und ich drehe auch nicht gern mit Schauspielern, ich nehme lieber Laien." - "Glauben Sie, dass sich das Regiefach bei uns immer mehr internationalisiert?" - "Ja, natürlich tut's das von allein durch die steigende Koproduktionen. Es gibt kaum noch einen eigenständigen Film. Ich glaube nicht unbedingt, dass das ein Gutes ist, sondern ich möchte versuchen, im Gegenteil mich jetzt hier endgültig in Deutschland festzusetzen." - "Ich glaube, dass wir nicht unbedingt die Europäisierung in der Kunst anstreben sollen, sondern jeder dann am überzeugendsten spricht, wenn er sich auf seinen Bezirk beschränkt." Klaus Hebecker, groß, im Profil.

03. De Gaulle in Moskau. Marschierende Russen (Titeluntergrund)
De Gaulle schüttelt Hände der Bevölkerung. Leute winken mit Fähnchen. Fahrt im Wagen durch Moskau. De Gaulle, Kossygin, Podgorny im Wagen, halbnah. Versammlungssaal. Am Tisch sitzen Breschnjew, halbnah, De Gaulle, Kossygin, halbnah. Menschenmasse auf der Straße, winkend. De Gaulle spricht von Balkon, total.

04. Tschu En Lai in Rumänien
Landendes Flugzeug. Tschu En Lai tritt aus Flugzeug und wird mit Umarmung und Kuß begrüßt. Er schreitet Front von Ehrenkompanie ab. Wagenkolonne, Tschu En Lai neben Maurer.

05. Kieler Woche
Boot wird zu Wasser gelassen. Gehende Mädchen mit kurzen Shorts, von hinten. Segelboote vor Anker. Prinz Philip, halbnah, besteigt Boot. Segelboote auf dem Wasser bei Regatta.

06. Unfallserie III, Thema 7 (3. Folge)
Joachim Teege sucht in Brillen herum und probiert Brillen auf. Arbeiter betritt Werkhalle. Schild Schutzbrille Tragen. Arbeiter schleift ohne Schutzbrille am Schleifstein. Funken. Schutzbrille liegt in Kasten. Arbeiter wischt sich über Augen und trinkt Schluck aus der Flasche. Er greift mit beiden Händen an seine Augen. Joachim Teege, O-Ton: "Das Leben ist ein Gabe", sagt Wilhelm von Humboldt." Bild von Wilhelm von Humboldt. Teege dreht Bild um. Arbeiter geht mit dunkler Brille am Stock neben Frau.

07. Die Beatles in Hamburg
Mädchen mit langen Haaren und Rose in der Hand steht auf Bahnsteig. Zug fährt ein. Beatles steigen aus. Polizisten drängen Jugendliche zurück. Jugendliche durchbrechen Absperrung. Großaufnahme der Beatles bei Pressekonferenz in Tremsbüttel. Winkende Jugendliche in der Ernst Merk Halle. Auftritt der Beatles. Helmut Schmidt unter den Zuschauern, groß. Jugendliche schreiben, halbnah. Mädchen mit Beatle-Pullover. Vorgestreckte Hände.

Im Rampenlicht

Titelmarke

Filmfestspiele Berlin
Kamera: Jürgens

Regisseur Schlöndorff
Kamera: Seib

Informationen

de Gaulle in der UdSSR
Herkunft: Sovkino

Tschu-En Lai in Rumänien
Herkunft: Rumänien

Prinz Phillip und Kieler Woche
Kamera: Brandes

Unfallserie III/Thema VII/Folge 3

Aktuelle Takte

Die Beatles in Hamburg
Kamera: Rau, Seib, Brandes

A und E

Filmfestspiele Und Volker Schlöndorff
Auf den Berliner Filmfestspielen 1966 fehlten spektakuläre Prominentejunge, verheißungsvolle Talente beherrschten das Feld. So gingen die begehrtesten Bundes-Filmpreise fast ausnahmslos an die schon vorher heißdiskutierten Werke deutscher Nachwuchsregisseure:
"... erhält Frau Sabine Sinjen für ihre Leistung in "Es" das Filmband in Gold."
- Applaus -
" ... erhält für die Regie in dem Film "Es" und Herr Volker Schlöndorff für die Regie in dem Film "Der junge Törless" Filmband in Gold."
- Applaus -
Als sensationelle Neuentdeckung dieses Jahres feierte die international Filmkritik Volker Schlöndorff, jenen 1 Meter 67 kleinen, unscheinbar wirkenden Regisseur, der in einem Mietshaus in Schwabing, dem Künstler-Viertel Münchens, mit fast wissenschaftlicher Akribie das Drehbuch und den Regieplan für "den jungen Törless" erarbeitet hatte.
Vor 5 Jahren faßte er die Idee zu diesem Film. Gestützt auf die Erfahrungen, die er als Assistent großer Regisseure wie Louis Malle, Alain Resnais und Ludwig Berger sammeln konnte, gelang dem 27-jährigen ein Erstlingswerk, das international anerkannt wurde, drei Bundes-Filmpreise erhielt und sich obendrein als Kassenmagnet bewährt. Wie erklärt sich dieser Erfolg? Volker Schlöndorff fand die Zeit für ein Gespräch mit Klaus Hebecker:
"Mich hat das nicht überrascht, wenn ich mal so sagen kann, den ich habe diesen Film für's Publikum gemacht von Anfang an. Ich war davon überzeugt, das kommt an."
"Wie sind Sie auf den doch selbst bei uns ziemlich unbekannten Törless-Roman von Musil gekommen?"
"Mir hat der Törless ganz besonders gefallen, weil ich selbst Internatsschüler gewesen bin. Zum zweiten hat dieser Roman natürlich eine gewisse Aktualität. Sie wissen, es handelt sich um ein Terror-Regime, das im Rahmen einer Schule errichtet wird, so wie es sich natürlich auch im Rahmen unserer Erwachsenen-Gesellschaft errichten könnte."
"Arbeiten Sie bereits an einem neuen Film?"
"Ja, ich bin dabei, ein Drehbuch zu schreiben nach einem Mordfall, den ich in der Zeitung gelesen habe, und zwar hat da ein 20-jähriges Mädchen, eine Angestellte, ihren 18-jährigen Freund im Laufe eines Streites erschossen und ich will sehen, wie hat es dazu kommen können."
"Haben Sie ein genau festgelegtes Drehbuch oder improvisieren Sie bei der Regie?"
"Ich lege schon Wert auf ein sehr genaues Drehbuch, Man kann's ja nachher verwerfen oder anders drehen aber die Improvisation muß kommen am Drehort. Ich drehe nicht gern im Atelier. Ich möchte an außen drehen, in echten Wohnungen und ich drehe auch nicht gern mit Schauspielern, ich nehme lieber Laien."
"Glauben Sie, daß sich der das Regiefach bei uns immer mehr internationalisiert?"
"Ja, natürlich tut's das von allein durch die steigenden Co-Produktionen. Es gibt kaum noch einen eigenständigen Film. Ich glaube nicht unbedingt, daß das ein Gutes ist, sondern ich möchte versuchen, im Gegenteil mich jetzt hier endgültig in Deutschland festzusetzen. - Ich glaube, daß wir nicht unbedingt die Europäisierung in der Kunst anstreben sollen, sondern jeder dann am überzeugendsten spricht, wenn er sich auf seinen Bezirk beschränkt."

Informationen

De Gaulle in Moskau
De Gaulle ist Großes von Staatsbesuchen gewöhnt. Nicht überall in Moskau drängte sich die Bevölkerung an den Straßen. Grußtransparente waren selten und de Gaulle selbst brauchte Tage bis er nicht Rußland, sondern die Sowjet-Union hochleben ließ und das obwohl er 1944 schon einmal mit Sowjetführern - damals mit Stalin - verhandelt hatte. 1966 reicht das Gemeinsame bei weitem nicht zu einem Freundschafts- und Beistandspakt wie vor 22 Jahren. Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit sind die konkreten Ergebnisse der Gespräche.

Tschu En-lai in Rumänien
Vor dem Hintergrund sowjetisch-chinesischer Rivalitäten verfolgten Ostexperten den Besuch Tschu En-lais in Rumänien. Das Lob des Chinesen für rumänisches Unabhängigkeitsstreben glich einer freundschaftlichen Werbung um einen zweiten ideologischen Bündnispartner in Osteuropa. Die Bundesrepublik kam nur durch einen Konvoi aus Untertürkheim ins Gespräch der anwesenden Journalisten.

Prinz Philip - Kieler Woche
Deutschlands Hafen mit den größten Olympia-Chancen feierte das Fest der Segler. Prinz Philip, Gemahl der britischen Königin, war der prominenteste Sportler auf der Kieler Woche. Zu seinem eigenen Bedauern war er aus protokollarischen Gründen gehindert, eine Regatta zu segeln und somit verurteilt, mit seiner "Bloodhound" lediglich zu einer Kaffeefahrt auszulaufen.
600 Boote wetteiferten um die günstigste Lage zur milden sommerlichen Brise. Windstärken zwischen 2 und 4 lieferten den Erfolglosen die Argumente, den guten Seglern aber reichte schon ein Lüftchen, um den Vorsprung zum Sieg herauszusegeln.

Unfallstory - Schutzbrillen tragen
"An der Brille, so wurde einmal gesagt, erkennt man den klugen Mann ... Aber ich glaube eher, daß man den Dummen daran erkennt ...
Denn die Brille liegt dort wohl verwahrt ...
Nun denn, er wird ja bald drauf kommen, daß er etwas vergessen hat: Die Schutzbrille.
Sehen Sie! Er merkt's - eben nicht ...
Das Leben ist eine Gabe ... sagt Wilhelm von Humboldt.
Aber so ... lebt sich's schlecht!"

Die Beatles in Hamburg
Wo sie 1962 aufbrachen, der Welt berühmteste Band zu werden, dorthin kehrten sie für 35 Stunden zurück. 4 Multi-Millionäre, die Whisky nur mit Fruchtlimonade trinken, sich neben anderem Personal einen Masseur leisten und täglich pro Mann 18000 Mark als festes Einkommen verbuchen: The Beatles in Hamburg.
Immer noch hilf- und ratlos gegenüber dem, was um sie herum geschieht, geben sie eine Pressekonferenz: geduldig, routiniert und sympathisch.
George, tragen Sie im Winter lange Unterhosen?
George trägt sie also nicht, und Paul verwehrt sich dagegen, versnobt zu sein. In der Ernst-Merck-Halle hätte ihm wohl keiner widersprochen.
Warum spielen Ringo, John, George und Paul? "Hätten wir es satt, würden wir aufhören. Angefangen damit haben wir, weil wir Geld verdienen wollten, wie alle anderen auch. Heute haben wir das Geld, aber wir machen weiter weil es uns Spaß macht."
Man weiß, sie haben es nicht mehr nötig, Beat zu spielen, doch ihre Fans brauchen sie - ein neuer Sound, neue Idole sind noch nicht gefunden.

Veröffentlichungsdatum:

28.06.1966

Produktionsjahr:

1966

Kameraführung:

Brandes, Klaus; Jürgens; Rau, Kurt; Seib, Gerhard

Rechteinhaber:

Bundesrepublik Deutschland

Produzent:

Deutsche Wochenschau GmbH (Hamburg)

Herkunft Fremdmaterial:

Sovkino

Filmformat:

35 mm

Farbe:

s/w

Ton:

Ton

Sprachen:

deutsch