Vorweg Kino-Werbung (Gähnend. Mann, Tisch m. Schnapsflaschen, Heranfahrt an Zeitung)
01. Das Portrait - Ludwig Erhard
Erhard, lächelnd, Zigarre rauchend, groß, nimmt Glückwünsche zu a. 65. Geburtstag entgegen von Adenauer Schröder, Strauß, je nah, Carlo Schmid nah + groß, Kameramänner, nah, bildfüllend, Erhard + Mende stoßen m. Schnapsgläsern an und führen sie zum Mund, nah, Parlamentarier, u.a. Strauß und Schröder, zusehend; nah, Aufsicht auf diskutierende Herren und Kameraleute.
Erhard in seinem Haus am Tegernsee. - Am Schreibtisch sitzend, Erinnerungsfotos, Enkelin schmiegt sich an ihn und zieht ihn von Tisch fort, mit Familie um Tisch herum gruppiert beim Genießen von Alkohol, halbnah, Frau und Tochter einzeln, gr.,
Bücherregal, nah, Erhard in Buch blätternd (nah, von hint., m. Zigarre im Mund), holzgeschnitzte Figur, groß, div. Einstellungen Erhard b. Anhören klassischer Musik, offener Plattenschrank (schräg), bildfüllend, E. tritt mit 2 Enkelinnen auf Terrasse. Archiv: E. beim Bummel über Gemüsemarkt, zieht Hut, nah, bei Reisen usw. - E. aus Wagen steigend und rauchend, eine Hand in der Tasche, auf Haustür zugehend, Schild "Der Bundesminister für Wirtschaft - Haus I", nah, Erhard sitzend, O-Ton: "Ich habe den Eindruck, daß das deutsche Volk schon nachdenklich geworden ist, nur immer wieder verführt wird. Die Tatsache, daß trotz steigenden Wohlstands allenthalben ein gewisses Unbehagen besteht, scheint mir doch darauf zu deuten, daß sich die Menschen dessen bewußt sind, daß mit Wohlstand allein das Glück nicht zu erwerben (erlernen) sein wird!"
02. Sport
Weißenbach/Ö. Europameisterschaften im Rennrodeln. - Stürze von Zwei- und Einsitzern. - Sieger Sepp Lenz (stürzt, rennt hinter s. Schlitten her ins Ziel).
03. Thema der Woche
Weltuntergangs - Story. Archiv: Mittelalterl. Astronom sieht durch Fernrohr, jeweils 3 Illustrationen Tierkreiszeichen mit entsprechend. Monatsnamen lösen sich vor Sternenkulisse ab, Zahlenskala, rotierende Zählen, montierte Kurzschnitte Zeitungsdruck, Zeitungsausschnitte (wie Wir sagen voraus: Gefährliches Leben überall" - "Weltuntergang" - "8 böse Planeten")und Menschen im Straßenverkehr, u.a. nur Beine, nah, div. Einst, aufgewühlte Wassermassen, bildfüllend und mit Stadtsilhouette im Hintergrund, in Brandung Umhertollende, sich überschlagende Wellenkrone, bildfüllend, Soldat paddelt an z.T. überschwemmten Häusern vorbei, halbnah, Sandsturm über Sandbergen, bei Dunkelheit fahrende Autoschlange auf breiter Straße, 3 Kühe rennen regendurchtränkten Landweg entlang, Sonnenfinsternis, Huhn schlüpft in Stall, öde. Landschaft in Dämmerlicht, in dunklem Raum beleuchtete Pendeluhr, vermummter Zauberer hält Stab über rauchende Schale, Kartenleger, Gesicht älterer Frau im Widerschein flackernden Feuers, bildfüllend, Dachlukenfenster öffnet sich ächzend (im Dunkeln). Heranfahrt an Katastrophenreporter Wichmann, am Rande d. Gr. Welttheaters; in Stadionrund hinter Stativkamera, Esterer interviewt (l.) Mann, der Schlauchboot dch. Mönckebergstr. trägt ("Mann, ich hab; keine Zeit, um 5 kommt die Sintflut!"), (2.) Wachtsoldat (Frage: "Was halten Sie denn von dem bevorstehd. Weltuntergang?" Antwort: "Ja, das tut mir leid, da kann ich keine Auskunft drüber geben. Da wenden sie sich bitte an meinen Vorgesetzten im Wachtlokal!"). (3.) Mann in Telefonzelle (Günther.) (Frage: "Ja, was gedenken Sie denn vorher noch zu tun?" Antwort: "Ja, das wüßte ich schon, das kann ich Ihnen leider nicht sagen!") (4.) Alter Mann auf d. Straße: "Gar nichts! Laß sie untergehen, von mir aus. Ich hab' gar nichts dagegen!" (5.) 2 ält. Damen: "Muß mer stillhalten;" (6.) Ein Herr: "Mein ganzes Geld würde ich verschenken!" (7.) 2 junge Damen: "Doch, da würde ich mich amüsieren!" ... Wichmann hebt Sektglas, trinkt ... Unzahl wirbelnder Luftballons bildfüllend, tanzende u. sich küssende Pärchen auf Künstlerfest, Sternengucker, nah, Sternenbild, div. aufgestellte Tafeln (u.a. "Schicksalsdeutung - Beratung in Geschäften - Liebe, und Ehe - Handlinien und ..." -"Horoskope, streng wissenschaftlich". - Esterer zu 92-jähr. Astrologen (8.): ... man sagt nämlich, daß demnächst die Welt untergehen soll." Antw.: "Nein, ich glaube nicht daran! Die Welt wird nie untergehen, wird ewig bestehen. Das einzige, das vielleicht untergehen könnte, evtl. 'mal, das wäre die Menschheit durch die Atombomben. Ich will auch noch etwas vom Leben haben, ich habe eine Freundin, die ist 43 Jahre alt (er und sie auf Foto), und die habe ich schon 7 Jahre, und die kost mich allerdings einen Haufen Geld; aber das macht nichts, die ist mir auch treu. "
Wichmann ist auf seinem Posten eingeschlafen, Montage vorrückender Uhrzeiger, gr. Sonnen-Protuberanzen und der mehr und mehr in sich zusammensinkende Reporter, feurige Explosion, bildfüllend, Reporter fährt erschreckt hoch ...
03. b. Hamburg. Fußball. HSV: Penarol Montevideo (siehe NDW) Blitzschwenk an Gerüst hoch auf Flutlichtstrahler, bildfüllend.
Wichmann geht Bürgersteig: entlang, seine Geräte unterm Arm tragend; Topf mit Alpenveilchen in der Mitte 2er anderer auf Fensterbrett stehend, kippt und stürzt aus Fenster, nah (Von innen gesehen), prallt vor Wichmann auf, der sich bückt, ein Alpenveilchen aufnimmt und es ansteckt, nah.
Der gesamten Weltuntergangs-Story einschl. Fußball ist das Lied "Davon geht die Welt nicht unter.. ", gesungen von Zarah Leander, unterlegt.
Werbespot: Gähnender Mann
Porträt Ludwig Erhard zum 65. Geb.-tag
Kamera: Luppa
Herkunft: Archiv
Rennrodel-Europameisterschaft, Wiessenbach/Oesterreich
Herkunft: Austria
Weltuntergangsstory
Kamera: Seib, Jürgens, Brandes, Rieck
Fussball HSV/Montevideo
Kamera: Brandes, Seib, Grund, Rieck
Schlussmarke
Werbespot
Mißbehagen - Langeweile kommen nicht von ungefähr. Täglich steht es in der Zeitung: ... denn die Leinwand bietet mehr!
das portrait
Ludwig Erhard, Bundeswirtschaftsminister und Begrüner des nachkriegsdeutschen Wohlstandes, feierte in Bonn seinen 65. Geburtstag. Der Bundeskanzler war der erste, der dem Vizekanzler aus diesem Anlaß gratulierte.
Nach einer 14-jährigen erfolgreichen Tätigkeit als Wirtschaftslenker nimmt Professor Erhard im politischen Bewußtsein der Bevölkerung eine Sonderstellung ein. Er ist zur Zeit der populärste und war von Anfang an einer der beliebtesten Politiker, die Deutschland je gekannt hat.
Die Verbindlichkeit, die seinem politischen Wirken zu Grunde liegt, gesellt sich wie von selbst zu der Herzlichkeit, die er im persönlichen Umgang zeigt. Wir waren zu Gast in seinem Haus am Tegernsee, wo er zusammen mit der Vorliebe für stille Stunden die Erinnerung an seine frühen Jahre aufbewahrt.
In diesem Refugium weitab von der Bundeshauptstadt besteht er auf ein ausgeprägtes Familienleben mit seinen Enkelkindern, seiner Frau und seiner Tochter.
Hier pflegt der Wirtschaftsprofessor neben seiner Vorliebe für Bücher auch seine Liebe zur Musik, die für ihn allerdings nach eigenem Geständnis lange vor der Moderne endet.
Nichts lehnt Ludwig Erhard mehr ab, als mit "Vater des Wirtschaftswunders" bezeichnet zu werden. Und wenn er in der Öffentlichkeit die Zeugnisse des von ihm geschaffenen Lebensstandards besichtigt, so gewiß nicht, um sich in seinen Erfolgen zu spiegeln. Alle Ehrungen, die ihm in hoher Zahl in aller Welt zuteil geworden sind, pflegte er entgegenzunehmen in Stellvertretung für die Verdienste des ganzen deutschen Volkes - auf das er auch den Jubel projiziert, der ihm in ärmeren Gegenden als Mr. D-Mark entgegengebracht wird.
Ludwig Erhard hat oft seiner Zeit in kühnem Schwung vorausgedacht. Bezeichnend dafür ist, daß er schon lange mit dem bundesrepublikanischen Wohlstandstaumel eine warnende Skepsis verbindet:
( Original - Ton )
die sportreportage
Die Europameisterschaften im Rennrodeln auf der neuen Bahn im österreichischen Weißenbach standen im Zeichen eng gezogener und kantig überhöhter Steilkurven, denen skeptische Mitbewerber mit einer gewissen Reserve entgegenblickten.
Für besonders wagemutige Sekundenjäger nahm das Rennen einen mehr schleifenden Verlauf, während andere mit einem zünftigen Sturz inmitten des Wettkampfes schöne Kindheitserinnerungen hervorriefen.
Zur Zufriedenheit der Zuschauer und Zielrichter erreichten einige Rodler wohlbehalten und aufrecht das Ziel. Doch für eine ganze Anzahl wurde die Talfahrt auf dem Schlitten mehr zu einem Ritt auf einem störrischen Esel.
Einer beherrschte seinen Schlitten sowie alle Tücken der Bahn meisterhaft: der Deutsche Sepp Lenz aus Königssee. Er wurde Europameister im Einsitzer.
Nur einmal in den vier Rennläufen wurde Lenz vor dem Ziel vom Sturzpech ereilt - aber ein kräftiger Spurt und die Zielstrebigkeit seines Schlittens retteten den Sieg.
thema der woche
( Original - Ton )
Nein, verehrte Zuschauer, sie ist in der Tat auch diesmal nicht untergegangen - obwohl die Astrologen wieder einmal aus den Sternen herausgerechnet hatten, was Millionen Zeitungen nicht rasch genug unter die Leute bringen konnten: daß nämlich der optimistisch dahinlebenden Menschheit das Ende nahe bevorsteht.
Vorhergesagt wurde diesmal eine zweite Sintflut. Und die astrologisch geschwächte Phantasie des sonst so aufgeklärten Zeitgenossen beschwor eine Endzeitvorstellung, in der die Menschheit nach alttestamentarischer Methode "baden" geht.
Die Vision war ergreifend. Bilder abwandernder Großstädter stellten sich ein, obgleich der Bibelkundige weiß, daß kein Auto schnell genug ist, wenn man die Arche Noah verpaßt hat.
Gegen die mystische Kraft der Sonne, welche die Kreatur hin und wieder zur Einkehr bewegt, wehren sich die Menschen seit altersher - durch allerlei Hokuspokus. Der Raketenmensch zweifelt eben doch noch am Zweifel über die Wirksamkeit dieses Zaubers.
Obwohl auch wir unsere Zweifel am Weltuntergang hegten, hielten wir es dennoch für ratsam, unseren Katastrophen-Reporter am Rande des großen Welttheaters zu postieren. Man kann ja nie wissen.
( Original - Ton )
In Kleidung und Stil der feierlichen Melancholie des Niederganges entsprechend trank er den letzten Stunden des Lebens zu.
Während die Wissenschaft sich anschickte, die Schlußphase der Erde zu beobachten, stärkten wir uns an dem Optimismus eines 92-jährigen Astrologen:
( Original - Ton )
Die Spannung ermüdet. Und während die Uhren der astrologischen Stunde X entgegenwanderten, verschlief der registrierende Beobachter des Welttheaters den Zeitpunkt des Untergangs.
Was ihm nach dem Erwachen entgegenstrahlte, waren die Flutlichter des Hamburger Volksparkstadions. Die Welt besteht weiter und mit ihr ihre Bewohner, von denen 65.000 Fußballnarren darüber jubelten, wie großartig der HSV gegen Penarol Montevideo kämpfte.
10. Spielminute: Uwe Seeler köpft zum 1 : 0 ein.
Auf ungewohntem Schnee wurde der Mythos vom unbesiegbaren südamerikanischen Weltmeister-Fußball entzaubert. Bähre köpft zum 2 : 0 für den HSV ein. Das Erscheinen dieser Wochenschau beweist, daß die Katastrophe nicht stattgefunden hat und daß der kritische Zeitbetrachter wohl Oder übel zurückkehren wird in jene Welt, in der es so viele Möglichkeiten gibt, großes Glück zu haben.
