Sacherschließung
Die UFA 234 steht im Zeichen des Karnevals, der aus norddeutscher Sicht kritisch unter die Lupe genommen wird. In drei Teilen werden verschiedene Aspekte beleuchtet. Es handelt sich hierbei zum größten Teil um Archivaufnahmen.
01. Karneval 1
Luftballons fallen von einer Saaldecke und werden von den Gästen aufgefangen. O-Ton Gert Stegemann: "Wir wollen lustig sein - fröhlich sein - ganz ausgelassen sein - deshalb lasst uns aus vollen Herzen lachen!" Konfetti wird in einem Saal auf einen Griesgram geworfen und auf der Straße auf Zuschauer. Montage verschiedener Schunkelszenen. In einem Trick mit einem sich drehenden Spiegel sieht man verschiedene Karnevalskostüme. Aufgeschlagener "Brockhaus" mit der Seite Karneval (wird im Laufe der UFA immer wieder eingeschnitten) Leichtbekleidete Mädchen auf Atelierfesten, Günter Berwig und Gerda Borgstädt gehen in Zivil in zwei Klos und kommen in Faschingskostümen wieder heraus, Heinz Braun sitzt als Zeitungsverkäufer auf der Straße und sieht sich im Spiegel als römischer Kaiser. Ein Feldbett wird in ein Leihhaus getragen. Montage verschiedener Großaufnahmen von Faschingsfesten mit Musikern, Tanzenden, sich Küssenden und vom Kinderkarneval, ein Affe pudert sich.
(10:00:15 - 10:02:50)
02. Weltraumtests
In New Mexico wird mit einem Affen, der in eine Kapsel gesetzt wurde, auf einem Düsenschlitten ein Flug in den Weltraum getestet, der Affe bedient verschiedene Hebel, drei angeschnallte Affen nebeneinander. In Frankreich werden an Ratten Weltraumbedingungen simuliert: Eine Ratte wird aus ihrem Käfig genommen, in einen kleinen Anzug gezwängt und dann in einer Zentrifuge herumgeschleudert, eine andere wird in einer Kapsel eingeschlossen. John Glenn testet eine Weltraumkapsel, Kopf groß, Instrumente und Aussteigen.
(10:02:50 - 10:03:57)
03. Haarmalerei
Nach einer Einstellung mit surrealistischen Kostümen malt ein französischer Friseur dunkle Rauten auf eine blonde Frisur, einen hellen Schmetterling und weiße Punkte auf dunkle Frisuren.
(10:03:57 - 10:04:23)
04. Karneval 2
Brockhausseite, Rosenmontagszüge in Köln, Berlin und Mainz. Ausschnitte aus einer Mainzer Karnevalssitzung mit Publikum, Sängern und Ballett. O-Ton Carlo Schmid: "Ich halte den Humor für das Salz der Politik - und was Salz bedeutet, das weiß man besonders dann, wenn der Doktor verboten hat, noch was Gesalzenes zu essen!" Schmid küsst das Funkenmariechen, Schunkelnde O-Ton Büttenredner: "In Rom war ich zugegen, erlebte den Medaillensegen in Gold und Silber und in Bronze, der Michel nutzte seine Chance, und die Verpflegung war famos, Spaghetti und Tomatensoß'" Zu Hause hört sich Adenauer die Platte der "3 Mosterts" schmunzelnd an. Karnevalschlager der "3 Mosterts": "Der Alte bleibt, ihr könnt euch drauf verlassen, er hat's bis jetzt getan und tut's noch manches Jahr. Ich lass mir keinen anderen verpassen, der Alte bleibt, das ist doch klar!" - Die "3 Mosterts".
(10:04:23 - 10:06:07)
05. Tinguely
Sechs verschiedene, sich bewegende und Geräusch machende Plastiken des Schweizers Jean Tinguely aus Schrott.
(10:06:07 - 10:06:43)
06. Karneval 3
Herstellung von Karnevalsorden und Scherzartikeln, darunter eine Teufelsmaske. Funkenmariechen beim Ankleiden und im Gleichschritt, Umzug mit viel Trubel, trinkende Karnevalisten, Brockhausseite und Szenen vom "Rottweiler Narrensprung". Kostümierte Skiläufer auf der bayerischen Firstalm, sie laufen, springen und zum Schluss ein Sturz ins Wasser.
(10:06:43 - 10:08:15)
07. Abfahrtsrennen der Damen in Grindelwald
Totale von Grindelwald, ein Paar auf einem Eislaufplatz, Sessellift. Verschiedene Szenen vom Rennen mit Start und Strecke, Siegeslauf von Heidi Biebl, Deutschland, nach dem Rennen bekommt sie einen Kuss.
(10:08:15 - 10:09:03)
08. Lauberhornrennen der Herren in Wengen
Start und Strecke mit einigen Sprüngen, Siegeslauf von Guy Périllat, Frankreich, wird im Ziel von einem Kameraden beglückwünscht.
(10:09:03 - 10:09:37)
Sprechertext
Helau! Alaaf !
Die Chronik der Narren
Wir zeigen Ihnen das Uninteressanteste und Unaktuellste: das Gesicht unserer Zeit im Zerrspiegel des Karnevals ... des spezifisch deutschen Karnevals, wenn's Ihnen recht ist.
"Wir wollen lustig sein, fröhlich sein, ganz ausgelassen sein - deshalb laßt uns aus vollem Herzen lachen."
Jahr für Jahr werden die Völker Germaniens von einer geheimnisvollen Fröhlichkeit ergriffen, die sich insbesondere auf öffentlichen Straßen und Plätzen durch eine besondere Bewegungsart äußert. Der Rheinländer nennt solches Schunkeln.
Unter der Devise 'ein Volk und. eine Bewegung' liefern sich Millionen einer kalendarisch begrenzten Fröhlichkeit aus. Infiziert vom Konfetti als sichtbaren Virus und unter dem Eindruck der Narrenfreiheit tritt sich der Mensch im Spiegel seiner Seele gegenüber, und aus dem Nichts wird teilweise etwas.
Wissenschaftlich ist dieses Phänomen bis jetzt immer noch unerforscht. Selbst der "Große Brockhaus" tappt im Dunkeln.
"Karneval - Herkunft unsicher, etwa aus mittellateinisch 'carne vale' 'Fleisch, lebe wohl!'"
Daß dieses Lebewohl als Abschied gemeint ist, wird auf zahlreichen Atelier- und sonstigen Festen überdeutlich in Frage gestellt. Hier tritt als Entkleidung auf, was ursprünglich als Verkleidung gedacht war.
Geheimste Wünsche finden zumindest im Kostüm zur Wirklichkeit. Ein geknechteter Buchhalter sieht sich plötzlich als Lord Nelson, und der Mann, der an Ihrer Ecke Zeitungen verkauft, ist in seiner Wirklichkeit ein kleiner Imperator.
Früher gab es Leute, die ihre Betten versetzten, um im Fasching zu Geld zu kommen, heute im bundesdeutschen Wirtschaftswunderleben scheint jeder so begütert, daß er sich etwas Ausgelassenheit durchaus leisten kann.
Die allgemeine Narrenfreiheit, die von jeder Generation nach besten Kräften ausgenutzt wird, dient zumindest als Alibi gegen den Vorwurf der Hemmungslosigkeit.
Und die von Erwachsenen maskierten Kinder, nun, Sie machen auch nicht gerade den fröhlichsten Eindruck.
Aber bemühen wir uns, die ganze Sache nicht allzu ernst zu nehmen. Immerhin befinden wir uns ja im Karneval.
Die Chronik der Woche:
Neu-Mexiko:
Wieso im Karneval? Dieser Affe hier ist bitterer Ernst. Er ist das Versuchsobjekt des amerikanischen Weltrauminstituts in Neu-Mexiko, das den Flug einer bemannten Rakete in den Weltraum vorbereitet.
In einem Düsenschlitten wird der Schimpanse körperlichen Belastungen eines Raketenstarts ausgesetzt.
Was den Amerikanern der Affe, ist den Franzosen die Ratte. In den französischen Versuchsstationen werden weiße Ratten als Weltraumpiloten ausgebildet. Aber ob maßgeschneiderte Anzüge ihnen das Unbehagen nehmen, kein Schwanz wird danach gefragt.
Eines Tages kommen die Erfahrungen dieser Ratte sicherlich dem Menschen zugute; in unserem speziellen Fall dem amerikanischen Marine-Leutnant John Glenn, der in Neumexiko sein Training aufgenommen hat, und von dem die Amerikaner hoffen, daß er der erste Mensch im Weltraum sein wird.
Paris:
Was die Kostümierung anbetrifft, so ist es vom Weltall in den Karneval nur ein kurzer Schritt. Der Phantasie sind im Fasching keine Grenzen gesetzt, obwohl wir Ihnen ehrenwörtlich versichern, daß diese Haarmalereien nichts mit dem Karneval zu tun haben. Sie sind vielmehr der letzte Schrei der französischen Figaros.
Die Chronik der Narren
"Heute sind Karnevalsumzüge als Volksfest und allgemeine Belustigung in Deutschland weit verbreitet ... besonders bekannt sind die in Köln und Mainz"
Das Goldene Mainz gehört zweifellos zu den Hochburgen des Humors, und auch in diesem Jahr erreichte das närrische Treiben mit dem Einzug des Mainzer Karneval-Clubs seine ersten Höhepunkte.
"... Mainzer muß man gar nicht erst in Stimmung bringen, die sind's ja schon, die sind's ja schon ..."
Und da wir es nun ohnehin mit sämtlichen Narren verdorben haben, sei uns die Erinnerung an eine Rede von Carlo Schmid erlaubt, die er vor drei Jahren gehalten hat.
"Ich halte den Humor für das Salz der Politik, und was Salz bedeutet, das weiß manbesonders darin, wenn der Doktor verboten hat, noch was Gesalzenes zu essen."
Was dem Politiker recht ist, sollte dem Karnevalisten Verpflichtung sein. Die landläufigen Büttenredner jedoch scheinen in bezug auf den Humor streng Diät zu leben.
"... Rom war ich zugegen, erlebte den Medaillensegen in Gold und Silber und in Bronze, der Michel nutzte seine Chance und Verpflegung war famos, Tomaten und. Spaghetti-Soß ..."
Mitunter gibt es allerdings auch witzige Einfälle - wie zum Beispiel den Schlager der "Drei Mosterts".
"Der Alte bleibt, Ihr könnt' Euch drauf verlassen, er hat's bis jetzt getan und tut's noch manches Jahr, ich lass' mir keinen anderen verpassen, der Alte bleibt, das ist doch klar ..."
Die Chronik der Woche
Bern:
Dieses Geräusch ruft uns in die Realität zurück. Es ist die Begleitmusik zu Werken des Schweizer Bildhauers Tinguely, der Schrott zu Kunst erhoben hat und der von berufsmäßigen Kunstkritikern als Kunstgenie bezeichnet wird. Wenn wir ihrer Meinung folgen, haben wir es hier nicht mit einem Faschingsscherz sondern mit großer Kunst zu tun.
Die Chronik der Narren
Kaum weniger kunstvoll geht man bei der Herstellung der unerläßlichen Phantasieorden vor. Dem deutschen Drang nach dem Orden schlägt der Karneval alljährlich eine breite Bresche.
Zu jenen Branchen, die der Karneval zwingt, erhöhte Profite einzustreichen, gehört zweifellos die Scherzartikel-Industrie. Dabei liegt die Betonung weniger auf dem Wort Scherz als auf der Industrie.
Für die närrischsten der Narren bedeutet der Fasching nicht so sehr eine Äußerung natürlicher Heiterkeit als vielmehr strammen Dienst, und zwar Dienst am Humor.
Mit dem Umsatz der Getränkeindustrie könnte schließlich bewiesen werden, daß nicht nur der Krieg sondern auch der Spirituosenhandel zu den Vätern aller Narrheiten gehört.
"Die festlichen Umzüge mit Lärm, Tanz, Maske und anderer Verkleidung dienten ursprünglich wohl der Abwehr böser Geister und der Austreibung des Winters, wobei besonders die Vertauschung der menschlichen Rollen und die Verwandlung eine große Rolle spielten."
Ganz allgemein fühlt sich der Karnevalist zur Pflege lärmenden Brauchtums verpflichtet. Aber ob in der Stadt oder auf der bayerischen Firstalm - fast immer endet das närrische Treiben mit der eiskalten Kneippkur der Ernüchterung.
Sport.
Grindelwald:
Lassen wir uns von den Höhen der Stimmung lieber auf die winterlichen Höhen der Schweiz im Grindelwald tragen! Mit dem Lift geht es auf die Startplätze zum traditionellen Abfahrtslauf der Damen. Das Rennen geht über insgesamt 1.300 Meter und die Konkurrentinnen haben einen Höhenunterschied von über 600 Metern zu bewältigen.
Heidi Biebl, die Allgäuer Olympiasiegerin von Squaw Valley zeigte, daß sie nach wie vor in Höchstform ist. Mit 2:24,8 Minuten sicherte sie sich den ersten Platz ...
... ein freundliches Schwanzwedeln und einen Kuß.
Wengen:
Die Jagd um Sekunden über Schnee und Hänge führte die internationale Herren-Elite ebenfalls in die Schweiz, nach Wengen. Das Lauberhorn-Rennen wurde zu einer der schwersten Konkurrenzen, die jemals ausgetragen wurden. Die Läufer erzielten Geschwindigkeiten bis zu 100 Stundenkilometern.
Überragender Sieger wurde der 21 jährige Franzose Guy Perillat. Auf seinen Metallskiern erzielte er neuen Streckenrekord mit einem Vorsprung von 4,5 Sekunden.
Personen im Film
Biebl, Heidi ; Berwig, Ralph ; Borgstädt, Gerda ; Braun, Heinz ; Flach, Bärbel ; Glenn, John ; Kohfeldt, Christel ; Rau, Kurt ; Stegemann, Gerd ; Tinguely, Jean ; Périllat, Guy ; Wagnerberger, Fritz
Orte
München ; Mainz ; Bern ; Neu-Mexiko ; Paris ; Grindelwald ; Königssee ; Wengen ; USA
Themen
Sachindex Wochenschauen ; Karneval ; Fasching ; Plakate, Schriften, Transparente ; Raketen ; Reklame ; Ski, Skilauf, Skispringen ; Technik ; Tiere (außer Hunde) ; Kunst ; Kunstwerke ; Medizin ; Winterbilder ; Wissenschaft ; Mode ; Technik ; 17 Findbuch Ufa Wochenschau Ufa dabei
Gattung
Wochenschau (G)
Genre
Wochenschau